#WerIstEigentlich

#WerIstEigentlich… Marcion

Von Marcion wissen wir immerhin, dass wir nicht viel wissen. Und trotzdem hat er riesige Wellen geschlagen und es in den Kanon der „Muss man schon kennen“ der Kirchengeschichte geschafft. Weißt du, wieso?

Was heißt hier, wir wissen Nichts?

Überliefert ist keine Schrift Marcions. Wir haben den ein oder anderen Text gegen ihn. Also eine dieser „Contra„-Schriften. Wie viel davon aber tatsächlich Marcions Position und Argumente widergibt, ist zurecht umstritten. Es gibt zahlreiche Versuche, die Originale zu rekonstruieren. Wir wissen also nicht, was er genau geschrieben hat. Aber wir wissen, welche Auswirkungen seine Werke auf seine Zeitgenossen hatten!

Ein Gott – oder zwei?

Im zweiten Jahrhundert nach Christus hat er in Rom für Aufsehen gesorgt. Er hat behauptet, dass es zwei christliche Götter gibt. Für ihn war nämlich absolut unvereinbar, dass der Gott, von dem Paulus und Jesus berichten, der gleiche ist, wie der im Alten Testament. Dieser rachsüchtige, gewalttätige Gott konnte ja gar nicht der gütige und liebevolle Gott des Neuen Testaments sein!

Marcions Lösung wirkt einfach: Das kann nicht derselbe Gott sein. Den Gott des Alten Testaments erklärte er zum sogenannten “Weltschöpfer”. Den Gott des Neuen Testaments zum “Prinzip des Guten”. Wenn es nun aber zwei Götter gab, wie konnten dann die christlichen Schriften verstanden werden? Diese müssen, so Marcion, eben auch geteilt werden.

Der Kanon

Vielleicht hast du dich schonmal gefragt, welche Schriften eigentlich “biblisch” sind und welche nicht? Und wieso wir Texte aus der Zeit des Neuen Testaments haben, die gar nicht in der Bibel stehen? Die Antwort liefert Marcion – also so ungefähr. Marcion war nämlich der erste, der die Texte, die von Christen gelesen wurden, kanonisierte. Er sichtete sie und beschloss, dass es nur ein Evangelium und ein Apostolikon geben könne. Das ist eine Auswahl der Evangelientexte und die Briefe des Paulus. Alles andere, so Marcion, sei eben nicht christlich, weil es einen anderen Gott beschreibe.

Und das Ergebnis?

Ein großer, oder zumindest einflussreicher Teil der Christen seiner Zeit war mit Marcions Kanon nicht einverstanden. Also stellten sie kurzerhand selbst einen Kanon zusammen – den, den wir mehr oder weniger heute noch so kennen. Außerdem verurteilten sie Marcion zum Häretiker. Ohne ihn, wäre der biblische Kanon allerdings nicht so entstanden, wie es letztendlich kam. Und so kam der Mann, über den wir kaum etwas wissen, in den Kanon der „Muss man schon kennen“ der Kirchengeschichte.

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